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Die sieben Sinne
der Katze

Sieben Sinne hat die Katze. Vielleicht hat sie auch einen achten Sinn. Das wäre dann der nämliche wie beim Menschen der sechste. Mancherlei Erfahrung scheint zu beweisen, dass Katzen auch übersinnlich sind. Katzen können sehen und hören, riechen und schmecken. Sie haben einen Tastsinn sowie Sinne für Gleichgewicht und Zeit. Das Katzengehirn behauptet sich auf der Evolutionsskala etwa in der Mitte zwischen niederen Säugetieren wie Ratten und Mäusen und dem hochentwickelten Menschenaffen.

Das Katzengehirn ist dem des Menschen ähnlich. Dieser besitzt im entwicklungsgeschichtlich jüngsten Teil des Gehirns größere Stirnlappen, mehr Raum für Gedächtniszuordnung und ein besser organisiertes Sprachzentrum. Die evolutionshistorisch älteren Gehirnteile unter der großen, zweitappigen Struktur sind bei Menschen und Katzen nahezu gleich. Bei Mensch und Katze koordiniert das Kleinhirn mit den Windungen am Hinterkopf Bewegung, Haltung und Balance. Das Emotions- und Gefühlszentrum tief unter der Hirnrinde ist das Sensorium für Zorn und Schmerz, Lust, Hunger, Furcht. Dieses Gehirnzentrum ist bei Menschen und Katzen gleich. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Menschen und Katzen ähnliche Gefühle und Empfindungen haben.

Augen
Dämmergrau ist bestes Licht für die Katzenjagd auf Mäuse. Bei absoluter Finsternis sind Katzen auch blind. Sie können aber noch bei Dunkelheiten sehen, die menschliche Augen nicht mehr durchdringen. Katzen haben ein System der Restlichtaufhellung im Augenhintergrund, eine reflektierende Schicht. Die Netzhaut besteht aus Zellen in Form von Zapfen und Stäbchen. Diese reagieren auf Helligkeit, jene auf Farbtöne. Die lichtempfindlichen Zapfen sind in der Mehrzahl. Katzenpupillen sind im Gegensatz zu Mensch und Hund ellipsenförmig. Sie reagieren in Sekundenbruchteilen auf wechselnde Lichtstärken. Am hellichten Tag verengen sie sich zu schmalen Schlitzen, um die empfindliche Netzhaut zu schützen. Im Dunkeln öffnen sie sich wie die Blendautomatik eines Photoapparats zu Kreisen. Die Augen der Katze registrieren keine statischen Details ihrer Umwelt. Sie fassen nur Bewegung auf. Bewegung verrät die Beute. Katzen überschauen mit einem einzigen Blick einen ganzen Hof und nehmen darin lediglich das Mäuslein wahr, das im dürren Laub raschelt. Jede weitere Information ist belanglos. Daraus erklärt sich die Reaktion kleiner Tiere bei Lebensgefahr: Sie fliehen nicht, sie stellen sich tot. Trotz der Sensibilität ihrer Netzhaut sieht die Katze zehnmal schlechter als der Mensch. Ein verändertes Verhältnis von Zapfen und Stäbchen würde das Sehvermögen allerdings nur auf Kosten der Lichtempfindlichkeit schärfen. Die Katze wäre schon bei relativer Dunkelheit blind wie ein Mensch. Man hat lange geglaubt, dass Katzen und Hunde keine Farben, sondern nur Abstufungen von Grautönen wahrnehmen. Neuerdings wurden in der Katzennetzhaut zapfenförmige Zellen entdeckt, die auf Blau und Grün, vielleicht auch auf Rot ansprechen.

Ohren
Das Spiel der Ohren verrät die Stimmung der Katze. Bei Neugier und Aufmerksamkeit sind sie aufgerichtet, bei Abwehr seitwärts gestellt, in kämpferischer Position seitwärts angewinkelt. Bei Erkundung einer Geräuschquelle bewegen sie sich auch unabhängig voneinander. Die Richtung, aus der das Geräusch kommt, ergibt sich aus der zeitlichen Differenz der Gehörwahrnehmung beider Ohren sowie aus der unterschiedlichen Tonintensität. Katzen hören besser als Menschen. Sie nehmen jedenfalls Frequenzen von über 20 000 Hertz wahr, also Schwingungen jenseits unseres Hörvermögens. Die Kapazität liegt bei 60 Kilohertz gleich 60 000 Schwingungen in der Sekunde. Man kann Katzen mit ständig wiederkehrenden Geräuschen zu Gewohnheit und Pünktlichkeit veranlassen. Weckerrasseln z. B. bedeutet Aufstehen am Morgen, abends der Schritt im Treppenhaus Begrüßung des heimkehrenden Hausherrn zur gewohnten Stunde.

Nase
Katzen sind noch immer unbekannte Wesen. Offenbar haben sie den Menschen in einigen tausend Jahren Wohngemeinschaft gründlicher studiert als er sie. So galt bis vor wenigen Jahren, dass ihr Geruchssinn wenig entwickelt SQ.11 weil sie die Nase beim Jagen nicht brauchen. Das ist falsch. Der Mensch hat wieder einmal von sich auf das Tier geschlossen. Verhaltensforscher berichten neuerdings vom erstaunlichen Geruchssinn neugeborener Katzen. Die winzigen blinden Lebewesen erkennen ihr Lager und finden schnuppernd die einmal gewählte Zitze am Leib der säugenden Mutter. Katzen unterziehen sich bei Begegnungen einer gegenseitigen Duftkontrolle. Wenn ein Mensch mit einer unbekannten Katze anbandelt, sollte er sie erst an seiner Hand schnuppern lassen. Eine Katze kann sich an erfreulichen Düften (oder was sie dafür hält) regelrecht berauschen, beispielsweise an den wundervollen und gänzlich unverwechselbaren Gerüchen im Kleiderschrank ihres Menschen. Manchmal hockt sie mit halb-offenem Mäulchen wie hypnotisiert vor einem Ding, dessen Duft sie überwältigt. Man sagt dann: die Katze flehmt. Katzen haben ein zweites Riechorgan, genannt nach dem dänischen Anatomen Jacobson. Die Kanäle dazu befinden sich in der Gaumenplatte hinter den oberen Schneidezähnen.

Schnauze
Die Schnauze ist der wichtigste Körperteil der Katze. Sie braucht sie zum Fressen, zum Kämpfen und Jagen. Das Gebiss ist so geformt, dass sie Junge herumtragen und Beutetiere mit einem blitzschnellen Biss töten kann. Katzen sind Schleckermäuler. Die Zunge ist mit kleinen Hornhäkchen zum Sauberlecken von Fell und Pfoten bedeckt, aber auch mit Geschmacksknospen.

Pfoten und Schnurrbart
Katzenpfoten sind empfindlich. Pfotenballen reagieren wie Seismographen auf die geringsten Erschütterungen der Erdrinde. Es gibt viele Anekdoten über die Prophetie von Katzenpfotenballen. Hier nur eine: Bei dem furchtbaren Erdbeben von 1783 in Kalabrien kam ein Kaufmann durch das seltsame, auffällige Benehmen seiner Katze mit dem Leben davon. Sie bedeutete ihm wie von Sinnen, die Tür zu öffnen und mit ihr das Haus zu verlassen. Sie lief ihm durch Straßen und Gassen voraus, wobei sie sich ständig davon überzeugte, dass er auch wirklich hinter ihr herkam. Der Mann folgte ihr irritiert und kopfschüttelnd bis vor die Tore der Stadt. Dann brach mit einem Schlag die Hölle auf. Die Erde öffnete sich. Eine Flutwelle raste durchs Land. 400 Orte wurden zerstört, 50.000 Menschen fanden den Tod. Der Kaufmann aber war gerettet. Ein weiteres Instrument übersensibler Wahrnehmung der Katze sind die Tasthaare. Mit gespreiztem "Schnurrbart" tastet sie unbekannte Gegenstände ab. Sie benutzt ihn wie einen Zollstock zum Abmessen von Engpässen, die sie im Dunkeln durchqueren will. Diese Tasthaare, auch Vibrissen genannt, schützen zudem ihre Augen so ähnlich wie Wimpern. Ein Reflexbogen verbindet Haare und Lider. Die geringste Berührung, etwa durch einen zurückschnellenden Zweig, löst einen Blinzeleffekt aus. Katzen schmusen gern. Sie können vom Streicheln und Kosen nicht genug haben. In Phasen euphorischer Wonnen fallen sie ins kindliche Stadium zurück und bewegen wie beim Trinken an der Mutter rhythmisch die Vorderpfoten. Im höchsten Rausch stecken sie dann die Nase in die Halsbeuge oder Achselhöhle des Spielgefährten Mensch und sabbern vor Entzücken.

Gleichgewichtssinn
Katzen fallen immer auf alle viere. Dafür sorgt ein Sinn für Gleichgewicht und Balance, den sie bei ihren Eskapaden in Baumkronen, bei ihren Spaziergängen über Dachfirste und Sprüngen von einer Mauer zur anderen auch dringend brauchen. Katzen können bis zu drei Meter hoch und bis zum Fünfzehnfachen ihrer Körperlänge weit springen. Der Schwanz wird als Höhen- und Seitenruder eingesetzt. Eine Katze kommt immer richtig auf den Boden. Würde man sie mit dem Rücken nach unten an den Pfoten hochheben und fallenlassen, drehte sie sich in der Luft und fiele, wie immer, auf die sprichwörtlichen viere.

Innere Uhr
Der New Yorker Tierarzt Howard Schulberg erzählt eine erstaunliche Geschichte vom Zeitsinn einer Katze. Das Tier ersetzte dem bettlägerigen Besitzer die Nachtschwester. Rex sorgte dafür, dass der Kranke pünktlich seine Medizin einnahm. Die Katze wich nicht vom Lager, auf dem der Patient erschöpft schlief. Nach jeweils vier Stunden weckte sie ihn auf, wie es der Arzt angeordnet hatte. Hauskatzen passen sich dem Lebensrhythmus der Familie an. Der Zeitpunkt gleich verlaufender Gewohnheiten wie Mahlzeiten, Nachmittagsschläfchen und Fernsehstunde gehen ihnen in Fleisch und Blut über. Man sollte sie daher regelmäßig und pünktlich füttern. Ihre innere Uhr ist darauf eingestellt. Diese innere Uhr7erklärt auch den verblüffenden Orientierungssinn der Katzen. Verhaltensforscher nehmen an, dass sie wie Zugvögel die Sonne als Navigationspunkt benutzen, und zwar so: Die innere Uhr zeigt exakt die Ortszeit ihres Zuhauses an. In der Entfernung stimmt diese Zeit mit der Position der Sonne am Himmel nicht überein. Es klingt schier unglaublich: Der Katzensinn erkennt die Differenz und schließt daraus auf die richtige Richtung für den Heimweg. Die deutschen Forscher Presch und Lindenbaum experimentierten mit dem Heimfindungsvermögen der Katzen. Sie setzten verschiedene Hauskatzen in kilometerweiter Entfernung von ihrem Heim in ein Labyrinth mit 24 Ausgängen nach allen Richtungen. Ergebnis: Jede Katze verließ das Gefängnis durch den Ausgang, der in direkter Linie zu ihrem Zuhause führte.

Der achte Sinn
Das Heimfindungsvermögen von Katzen schwächt sich ab, wenn die Entfernung mehr als zwölf Kilometer beträgt. Man weiß aber von Katzen, die über 100 und sogar 1000 Kilometer weit nach Hause zurückkamen und bis zu einem Jahr unterwegs waren. Sie fanden auch den Weg zurück zu ihrer Menschenfamilie, wenn diese an einen unbekannten Ort verzogen war. Vielleicht gibt es bei Katzen ja wirklich übersinnliche Wahrnehmungen, vielleicht ist Telepathie im Spiel. Vielleicht haben die gerührten Besitzer aber auch irgendeine ähnlich aussehende Katze für ihren verlorenen Liebling gehalten. Der französische Schriftsteller Alexandre Dumas hatte eine Katze, die er zärtlich liebte. Masouf saß Abend für Abend zur selben Stunde an der Gartenpforte und wartete auf ihren Herrn. An manchen Abenden kam Dumas nicht nach Hause. Dann war auch Masouf zur gewohnten Stunde nicht an ihrem Platz. Vielleicht haben Katzen einen achten Sinn. Eine Erklärung gibt es nicht.

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