"Feenhaft, von ätherischer Schönheit, wie von Mondlicht umgleißt ...", schwärmen Katzenfreunde, wenn sie ihre Getippte Europäisch Kurzhaar-Katze beschreiben. Was ist eine getippte Katze? Wie sieht sie aus? Wie ist sie entstanden?
Eine Katze von raffinierter Ästhetik
Die Züchterin, Richterin und Buchautorin Phyllis Lauder, geb. 1898 in London, schreibt 1981 über sie: „Neuerdings tauchen getippte Katzen als kurzhaarige Version der Langhaar-Chinchilla auf Ausstellungen auf. Sie wurden aus Kreuzungen von Chinchilla mit Silvertabby gezüchtet und ... kamen 1980 in Großbritannien zur Anerkennung durch den Governing Council. Zwar möchte man annehmen, dass eine Kurzhaarkatze nie und nimmer die aufsehenerregende Schönheit einer Chinchilla besitzen könnte, aber schöne getippte Katzen sind, wenn sie so silbern glitzern, doch unbestreitbar von ganz exquisiter Lieblichkeit ..." (Ph. Lauder, The British, European and American Shorthair Cat, London 1981). Als die ersten getippten Katzen mit kurzem Fell Ende der Siebzigerjahre auf deutschen Ausstellungen auftauchten, stockte den Kurzhaarkatzenfans fast der Atem vor Begeisterung. Mehrere Züchter machten sich sofort daran, diese schöne Katze in ihr Zuchtprogramm aufzunehmen. Gab es damals zunächst nur die "Black Tipped" (Kürzhaar-Chinchilla), so fand man sie bald auch in anderen Farben, heute vor allem in Creme und Rot unter der Bezeichnung "BKH Cameo".
So sieht sie aus
Im Typ entspricht sie der Europäisch Kurzhaar-Katze. Ihr Körperbau ist massiv, so wie man es von Kartäusern kennt. Die Fellfärbung aber entspricht vollkommen der der langhaarigen Chinchilla, nur dass das Haar zwar sehr dicht, aber kurz ist. Die Haare sind weiß mit farbigen Haarspitzen. Dieses Farbspiel nennt man "Tipping" oder "getippt" (nicht zu verwechseln mit dem Ticking = Bänderung des Haares). Die Katze wirkt fast weiß, ist jedoch von einem Farbschimmer überhaucht, der wie eine Aura die Katze umgibt und bei jeder ihrer Bewegungen zu glitzern scheint. Je dicker der Pelz, desto besser steht er vom Körper ab und desto perfekter kommt das Tipping zur Wirkung. Außer der ursprünglichen Tippingfarbe Schwarz sind alle bei der BKH zugelassenen Farben erlaubt, einschließlich Chocolate und Lilac. Der Rassestandard verlangt die Unterwolle so weiß wie möglich. Das heißt, bei der Black Tipped ist sie richtig weiß, aber bei der Red, Creme, Blue, Chocolate, Lilac usw. ist das helle Unterfell eher gebrochen weiß mit einem leichten Anflug der Tippingfarbe. Auf dem Rücken, an den Flanken, am Kopf, an Ohren und Schwanz ist das Haar farbig getippt. Das Tipping muss gleichmäßig verteilt sein, damit der Glitzereffekt entsteht. Die Gleichmäßigkeit im Tipping ist auf Ausstellungen für die Beurteilung eher ausschlaggebend als die Intensität. Sehr dunkel getippte Katzen sollten nicht negativ bewertet werden, wenn sie keine Markierungen aufweisen. Sie sind sogar denen vorzuziehen, die so wenig Tipping aufweisen, dass sie fast weiß aussehen. Bei allen Fellfarben müssen Nasenspiegel und Pfotenballen rosa sein oder der Tippingfarbe gleichen. Die Augen sind groß und glänzend. Schwarz getippte Katzen haben grüne Augen, ansonsten können sie von orange- bis kupferfarben variieren. Was Fehler betrifft, so muss vor allem betont werden, dass jegliche Ähnlichkeit mit dem orientalischen Typ abzulehnen ist. Besonderes Augenmerk ist außerdem auf die Augenfarbe zu richten. Ein orangefarbener Ring im grünen Auge ist ebenso fehlerhaft wie ein Grünring bei einer orangeäugigen Katze. Die Schönheit der Getippten drückt sich, noch mehr als bei jeder anderen Rasse, in der Reinheit der Fellfarbe aus. Auf gar keinen Fall darf die getippte Katze Tabbystreifen oder Flecken aufweisen. Einzige Ausnahme bilden die noch nicht ganz weggezüchteten Schwanzringe, die akzeptiert werden können, wenn die Katze ansonsten gut ist. Oft sieht man Tabbyzeichnungen bei Jungkätzchen, aber diese "Geisterstreifen" verschwinden mit dem Erwachsenwerden.
Eine gezielte Züchtung
Von den ersten in Deutschland ausgestellten "Kurzhaar-Chinchillas", wie sie damals genannt wurden, trugen die meisten den Namen "Peerless" und kamen aus England. Ihr Züchter, Mr. Norman Winder, war der erste, der auf die Idee gekommen war, die zauberhafte Schönheit der langhaarigen Chinchilla auf Kurzhaarkatzen zu übertragen. Dazu hatte er den Mut, das nötige Durchhaltevermögen und die erforderlichen finanziellen Mittel, die man braucht, um Züchterträume in die Wirklichkeit umzusetzen. Natürlich gehört auch ein Quentchen Glück dazu, und auch das fiel ihm zu, sogar gleich zu Anfang ! Mrs. Monica Thake, Kurzhaarrichterin und Züchterin der berühmten "Silverseal" Kurzhaar Silvertabbies, paarte eines Tages ihre wunderschöne "Ch. Silverseal Dyanna" mit dem Langhaar-Silvertabby "Fitz Fidello", Sohn des bekannten Chinchilla Katers "Ch. Fidello of Allington". Sie konnte nicht ahnen, dass unter den Kätzchen eine ganz außergewöhnliche zukünftige Ausstellungssiegerin sein würde. Das Wunderkätzchen hieß "Silverseal Turandot" und war von exzellentem Typ. Eingetragen war Turandot als Silver Spotted, aber in Wahrheit war sie alles andere als das: nämlich eine ziemlich dunkel getippte Katze mit ganz leichter Spotted Geisterzeichnung. Als Monica Thake von Mr. Winders Vorhaben erfuhr, überließ sie ihm das schöne Kätzchen für die bescheidene Summe von 8 Pfund. Damit war der Grundstein gelegt für eine Entwicklung, die darin gipfelte, dass eine neue Rasse entstand und anerkannt wurde: die "British Shorthair Tipped".
Der schwere Weg eines Pioniers
Da der Großvater der Ausgangskatze "Silverseal Turandot" ein Chinchilla von hervorragender Qualität war, wollte Winder sie und ihre Nachkommen mit verschiedenen Linien von LH Chinchillas kreuzen, um das schöne, klar getippte Fell zu erhalten. Aber es erging ihm genauso wie den ersten Exotic Shorthair-Züchtern in USA, denen die LH-Züchter einfach die Mitarbeit verweigerten: Die Katerhalter waren keineswegs bereit, ihre herrlichen Langhaarkater für irgend eine Kurzhaarkätzin "herzugeben". Natürlich gibt ein begeisterter Züchter sein Ziel nicht so einfach auf. Mr. Winder fand schließlich die Züchterin Roberts, die nicht nur ihren "Ch. Polar Pierano" zur Verfügung stellte, sondern mit einem reichen Erfahrungsschatz Winder züchterisch zur Seite stand. Weitere erfolgreiche Langhaarkater der Aufbauzeit waren "Khranwicke Iceberg" (Mrs. Pearson), "Brylon Dandini" (Mrs. Stacey), "Cirrus Comanche" (Mrs. Lee) und "Champion Barnaby" (Mrs. Hodgson). Dass zunächst mancher ernstzunehmende Langhaarkatzenzüchter keine Bereitschaft zeigt, sich an "solchen züchterischen Experimenten" zu beteiligen, liegt wahrscheinlich u. a. daran, dass manchmal Mischlingskatzen der ersten oder zweiten Generation, also erst Zwischenstufen auf dem Wege zur neuen Rasse, einfach ausgestellt werden, als ob sie schon die fertige neue Rasse verkörperten. Das ist ein großer Fehler, denn dem unbefangenen Betrachter bietet sich ein Kreuzungsprodukt, das keinem Standard entspricht, jedoch einen berühmten Vater hat, dessen Eigentümer oder Züchter zu recht fürchtet, dass die Standardabweichungen bei der Ausstellungskatze prompt dem Zuchtkater angelastet werden! Aus diesem Grunde kann man gar nicht genug davor warnen, Katzen einer noch nicht fertig entwickelten Rasse öffentlich zu zeigen. Schließlich kann es auch für die neue Rasse schädlich sein, wenn nicht einwandfreie, standardgemäße Katzen ausgestellt werden. Wer aber sorgsam und seriös vorgeht, findet auch Züchterkollegen, die sich am Aufbau mehrerer Linien einer Rasse beteiligen. Norman blinder berichtet:
„Wenn ich manchmal auf Ausstellungen Mischlingskatzen aus solchen Kreuzungen sehe, kann ich gut verstehen, dass die Langhaarzüchter zögern, solche scheinbar fragwürdigen Experimente mitzumachen. Andererseits muss ich fairerweise feststellen, dass sie ohne Zögern ihre Kater anboten, sobald sie eines unserer 'Zuchtprodukte' erblickt hatten. Für diese veränderte Haltung sind wir besonders dankbar, denn nur so ist es möglich, unsere Pläne bezüglich der Zucht von getippten Katzen in Rot, Creme, Blau, Tortie, Blaucreme, Chocolate, Lilac usw. zu verwirklichen, und zwar um so schneller, je unproblematischer zeitweilige Einkreuzungen mit LH-Katern möglich sind. Damit nicht die Zucht der Chinchilla beeinträchtigt wird, haben wir alle langhaarigen Jungtiere unserer Zucht nur als Liebhabertiere abgegeben unter der Bedingung, dass sie nicht zur Zucht zugelassen würden. Als die neue Rasse zur Anerkennung anstand, wählten wir den Namen 'British Shorthair Tipped` um auszurücken, dass das Fell zart mit einer Farbe getippt ist. Obwohl die ersten Exemplare Chinchilla waren, hatten wir nie intendiert, uns nur auf diese Farbe zu beschränken. Wir wollten alle Farben mit entsprechender Unterwolle, Augenfarbe, Nasenspiegel und Pfotenballen züchten. Bei den ersten Paarungen fielen natürlich Kätzchen mit Geisterzeichnung. Sie waren die notwendigen Zwischenstufen auf dem Wege zu besseren Rassevertretern, und da muss ich all denen meinen Dank aussprechen, die solchen Kätzchen ein gutes Zuhause boten ... Nur wer selbst einmal eine Rasse entwickelt hat, weiß, was es finanziell bedeutet, alle die Katzen zu ernähren, zu züchten, kastrieren zu lassen. Ohne die Hilfe guter Freunde ist das unmöglich. Niemals habe ich getippte Katzen ausgestellt, die aus meiner Sicht nicht gute Rassevertreter waren. Beim Aufbau der neuen Farben treten anfangs immer Katzen mit Tabbymarkierungen auf. Aber ich hoffe doch, dass die Züchter erst mit dem Ausstellen der neuen Farben beginnen, wenn sie ein einwandfreies, standardgemäßes Tipping vorweisen können."
Immer noch eine Rarität
Dass die getippten Briten sich bis jetzt nicht massenhaft durchgesetzt haben, sondern nach langen Jahren heute noch immer seltene Schönheiten sind, liegt vielleicht daran, dass es eben schwierig ist, schöne kurzhaarige Chinchillas oder Cameos zu züchten, schwieriger als beispielsweise einfarbig Schwarze, Weiße oder Kartäuser.