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Inzucht
Methoden und Berechnung nach Roy Robinson

In der Vorstellung vieler Leute ist Inzucht eine zweifelhafte Angelegenheit. Den einen kommt sie unheimlich vor, die anderen lehnen sie überhaupt ab. Relativ wenige Züchter arbeiten zwar mit Inzuchtmethoden, aber eigentlich eher widerwillig - jedenfalls mit besonderer Vorsicht. Ist Inzucht Unzucht?

Definition nach R. Robinson
Laut Robinson versteht man gemeinhin unter Inzucht die Paarung miteinander verwandter Individuen. So z. B. Bruder x Schwester, Vater x Tochter oder Mutter x Sohn. Das sind die drei engsten Paarungen. Dann folgen Halbgeschwisterpaarungen, bei denen beide Partner den gleichen Vater haben oder (seltener) die gleiche Mutter. Die lockerste Form der Inzucht besteht in der Paarung Onkel x Nichte oder Tante x Neffe oder in den verschiedensten Cousine x Cousin-Paarungen. Damit ist klar, dass der Begriff "Inzucht" weit gefasst ist und sehr unterschiedliche Grade von Verwandtschaftspaarungen meinen kann. Ganz allgemein kann man sagen: Je entfernter die Verwandtschaft, desto geringer der Grad der Inzucht. Irgendwann kann man dann nicht mehr. von Inzucht reden, bzw. ist sie so gelinde, dass sie keine besonderen Wirkungen zeigt.

Linienzucht
Bei Linienzucht wird zurückgepaart auf einen bestimmten Vorfahren oder Stamm, um seine besonderen Merkmale bei den zu erwartenden Nachkommen zu verstärken. Diese Rückpaarung kann wiederholt vorgenommen werden. Es handelt sich dabei um eine Form der Inzucht. Unter Züchtern wird diese Form der Inzucht meist noch am ehesten als tragbare Methode betrachtet. Streng genommen ist es aber eigentlich keine Inzucht im oben beschriebenen Sinne, höchstens eine sehr abgeschwächte Variante.

Die Ahnentafel
In einer Ahnentafel von vier oder fünf Generationen kann Inzucht ohne weiteres aufgedeckt werden. Man sollte dazu die Ahnentafel als aus zwei Seiten bestehend betrachten: Vaterseite und Mutterseite. Wenn ein Vorfahr sowohl auf der Vaterseite als auch auf der Mutterseite erscheint, liegt Inzucht vor, gleichgültig, um welche Generation es sich handelt. Das Ausmaß der Inzucht definiert sich mit Hilfe zweier Indikatoren:

  • Anzahl der gemeinsamen Vorfahren auf beiden Seiten
  • Häufigkeit mit der ein bestimmter Vorfahr immer wieder auftritt.

Ein weiterer Faktor, der oft nicht aus der Ahnentafel zu ersehen ist, ist der Grad der Inzucht bei den Vorfahren ihrerseits, was bereits jenseits der in der Ahnentafel aufgeführten Vorfahren liegen kann. Innerhalb 4 Generationen erscheinen auf der Ahnentafel 30 Vorfahren. Sind es lauter verschiedene Individuen, liegt keine Inzucht vor. Wenn einer oder mehrere wiederholt vorkommen, handelt es sich um Inzucht. Falls das wiederholte Auftreten einer oder mehrerer Katzen aber nur entweder auf der Vaterseite oder auf der Mutterseite vorkommt, sind nur Vater oder Mutter ingezüchtet, nicht aber die Katze selbst. Man bezeichnet eine Katze nur dann als ingezüchtet, wenn mindestens ein Vorfahr sowohl beim Vater als auch bei der Mutter vorkommt.

Berechnung der Inzucht nach Robinson
Der Grad der Inzucht kann berechnet werden. Je entfernter verwandt der Vorfahr, desto geringer die Inzucht. Für die einfachsten Beispiele ist eine Berechnung leicht. Angenommen, ein bestimmter Vorfahr erscheint auf beiden Seiten in der dritten Generation. Man zählt von ihm aus zuerst auf der Vaterseite vorwärts bis zum Individuum selbst, und zwar in Schritten, generationsweise. Das sind 3 Schritte. Nun wieder in Generationsschritten zurück zum gemeinsamen Vorfahr auf der Mutterseite, das sind zwei Schritte. Die Summe der Schritte ist 5. Achtung: der gemeinsame Vorfahr selbst wird nicht mitgezählt, sondern nur die Anzahl der Generationsschritte! Nun teilt man die Zahl 1 durch 2, das Ergebnis wieder durch 2 und so fort, so oft, wie Schritte gezählt wurden. In unserem Beispiel ist das 5mal. Das Ergebnis ist 0,03125 oder, in Prozenten ausgedrückt, 3,125 %. Der Inzucht-Index beträgt in diesem Fall also 3,125 %.

Nun muss der gemeinsame Vorfahr auf beiden Seiten nicht in derselben Generation auftreten. Angenommen, er steht mütterlicherseits in der zweiten Generation. Nun hat man also 3 + 1 = 4 Schritte. 1: 2 : 2 : 2 : 2 = 0,0625 = 6,25%. Der Inzucht-Index ist natürlich größer als beim ersten Beispiel, weil der gemeinsame Vorfahr mütterlicherseits dichter am Individuum ist. Die gleiche Berechnung wird durchgeführt, wenn es mehrere gleiche Vorfahren mütterlicher- und väterlicherseits gibt. Der Index besteht dann aus der Summe der jeweiligen Berechnungsergebnisse. Wenn beispielsweise beide o. g. gemeinsamen Vorfahren verschiedene Individuen wären und in einer Ahnentafel verzeichnet wären, so wäre der Inzucht-Index die Summe aus 3,125 % und 6,25 %, also 9,375%.

Ähnlich wird es gemacht, wenn bestimmte Vorfahren noch öfter vorkommen. Angenommen, einer erscheint 2 x auf väterlicher und lx auf mütterlicher Seite. Das trägt alles zur Maximierung des Inzucht-Index bei. Auch hier müssen die gemeinsamen Vorfahren nicht in derselben Generation stehen. Angenommen, ein gemeinsamer Vorfahr erscheint väterlicherseits in der dritten und vierten Generation, mütterlicherseits nur in der dritten. Von der vierten Generation väterlicherseits aus sind 6 Schritte zu berechnen bis zu demselben Vorfahr auf mütterlicher Seite. Von der 3. Generation aus sind es 5 Schritte. Darum ist die Summe aus beiden Berechnungsergebnissen 3,125% + 1,5625% = 4,6875%. Ähnlich geht man vor, wenn es mehr als einen gemeinsamen Vorfahren gibt und wenigstens einer zudem mehrmals vorkommt. Wenn es z. B. in o. g. Ahnentafel noch Vorfahren gibt, die einen Inzucht-Index von 3,125% erbringen, so wird der auch addiert, und man kommt auf 4,6875% + 3,125% = 7,8125%. So hat jede Katze ihren ganz bestimmten Inzucht-Index.

Umfangreichere Ahnentafeln
Die Vorfahren einer Katze können über 5, 6 oder 7 Generationen geprüft werden. Die Ahnentafel enthält dann 62, 126 oder 254 Vorfahren. Je Generation steigt die Anzahl steiler an. Damit wächst natürlich die Wahrscheinlichkeit, dass etliche Vorfahren mehrmals, ja immer wieder, erscheinen, und die Berechnung wird immer umständlicher. Es kann passieren, dass man Parallelen übersieht, ganz zu schweigen von Rechenfehlern. Deshalb gibt es für ausgesprochene Ahnentafelfanatiker inzwischen Computerprogramme. Ob und von wem sie sinnvoll genutzt werden können, ist eine andere Frage.

Was ist erlaubt?
Ziel und Zweck der Zucht kann und darf nur die Verbesserung bestimmter positiver Eigenschaften sein. Da aber bei jeder Verwandtenpaarung nicht nur die gerade erwünschten Merkmale verstärkt und gefestigt werden, sondern grundsätzlich alle vorhandenen Eigenschaften bei den Nachkommen verstärkt hervortreten, können bei Inzucht natürlich auch alle möglichen Fehler oder Schwächen zum Ausdruck kommen. Vorzugsweise bieten rezessive Erbfehler immer wieder Anlass zur Bestürzung, wenn unüberlegte Inzuchtpaarungen durchgeführt wurden. Oft wundert man sich dann über Schwanzfehler, Gebißfehlstellung, Monorchismus, Farbflecken usw., von deren latentem Vorhandensein man vorher nichts wusste. Dies ist Grund genug, mit Inzucht unter größter Umsicht umzugehen. Linienzucht und andere Inzuchtmethoden bedürfen ausführlicher Kenntnisse und breiter Erfahrung. Anfänger sollten die Finger davon lassen. Für jeden, auch den erfahrenen Züchter, gelten die Zuchtregeln0 betr. Inzucht, § 3.16: Geschwisterpaarungen (Nachkommen derselben Eltern) sind verboten, Paarungen von Halbgeschwistern oder Rückkreuzungen auf Vater oder Mutter sind innerhalb von drei Generationen nur zweimal erlaubt.

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