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Toxoplasmose: Wie gefährlich ist sie wirklich
für Katze und Mensch?

Seit Jahrzehnten klären verantwortungsbewusste Veterinärmediziner Katzenhalter über Toxoplasmose auf. Trotzdem wird immer wieder die Angst vor einer Infektion geschürt, und die Katze soll plötzlich aus dem Haus verschwinden! „Meine Frau ist schwanger, die Katze muss weg!" Ist es bloß ein billiger Vorwand, wenn mit dem Hinweis auf zu erwartenden Nachwuchs eines Tages der bis dahin ohne Einschränkung geliebte Stubentiger abgeschoben wird? Nicht immer Unwissen und Panik - häufig verursacht durch den "wohlmeinenden" Rat des Hausarztes - sind Auslöser für die Trennung von der Katze "zugunsten der Gesundheit von Mutter und Kind". Dass die für beide Seiten - Katzenhalter und Katze - grausame Entscheidung keineswegs unumgänglich, ja meistens sogar vollkommen überflüssig ist, soll folgender Beitrag erhellen.

Toxoplasmose ist weit verbreitet
Der Erreger der Toxoplasmose, Toxoplasma Gondii, zählt zu den häufigsten krankmachenden Parasiten bei Tier und Mensch. Obwohl ausschließlich Katzen (vorwiegend Hauskatzen) als Endwirt dienen, in dem allein sich der Erreger geschlechtlich vermehrt, ist auch der Mensch vom Befall gefährdet, denn Toxoplasma Gondii kann alle Warmblüter befallen. Viele Tiere kommen als Zwischenwirt infrage. Obwohl Toxoplasmose-Infektionen äußerst häufig vorkommen, beobachtet man in der Regel kaum nennenswerte Reaktionen, Beschwerden sind selten. Der befallene Wirtsorganismus entwickelt aber schon nach kurzer Zeit eine lebenslange Immunität. Serologische Untersuchungen haben ergeben, dass in Mitteleuropa 40 bis 50 % aller Menschen (England 30 %) und rund 75 % aller Kaninchen, Rinder, Schafe, Schweine sich mit dem Erreger bereits auseinandergesetzt haben, Katzen sogar zu 90 % (in England nur 20 bis 60 %). Sie sind dann immun, d. h. sie infizieren sich nicht mehr erneut.

Entwicklungszyklus
Der Erreger, Toxoplasma Gondii, ist ein einzelliges Lebewesen, das im Inneren von Gewebszellen seines Wirts schmarotzt. Die Vermehrung geschieht in zwei Formen, ungeschlechtlich und geschlechtlich. Die ungeschlechtliche Vermehrung geht im Darm oder anderen Organen aller möglichen Warmblüter vor sich, indem durch Zellteilung neue Zellen entstehen. Diese wandern zahlreich in andere Wirtszellen, um sie schmarotzend zu zerstören. In diesem Stadium kann das befallene Individuum Krankheitszeichen verspüren. Später bildet der Wirtsorganismus Abwehrstoffe im Blut, er wird immun. Die Toxoplasmen bilden nun kugelförmige Zysten, die tausende von Parasiten enthalten. Sie können im Gewebe des Wirts jahrelang ruhen. Ihre Anwesenheit bewirkt die Immunität. Wenn der mit Zysten behaftete Wirtsorganismus (z. B. eine Maus, ein Schwein o. ä.) verspeist wird, können die enthaltenen Toxoplasmen in dem aufnehmenden Organismus (z. B. Katze, Vogel, Mensch o.ä.) erneut aktiv werden, sofern der nicht bereits immun ist. Die Toxoplasmen vermehren sich wieder durch Zellteilung und begeben sich als Zysten im Gewebe in Wartestellung. Die geschlechtliche Vermehrung ist nur möglich im Körper der Katze, und zwar in den Zellen des Dünndarms. Männliche und weibliche Entwicklungsformen bilden die sogenannten Oozysten. Diese gelangen mit dem Kot der Katze an die Außenwelt. Zunächst besteht noch keine Infektionsgefahr, denn erst nach der Entwicklung der Sporozysten (durch Zellkernteilung), was 1-5 Tage dauert, werden die Oozysten infektiös. Werden die infektiös gewordenen Oozysten nun von einer immunen Katze aufgenommen, passiert nichts. Werden sie aber von einer bisher noch nicht infizierten Katze oral aufgenommen (z. B. beim Putzen verschluckt), so beginnt der neue Entwicklungskreislauf mit Vermehrung im Dünndarm, Ausscheidung usw. Bei Erstkontakt der Katze mit Toxoplasma Gondii - sei es durch Verzehr befallenen Fleisches oder durch Aufnahme von Oozysten - dauert es zwischen 3 und 10 Tagen (nach Teichmann 3-5 Wochen), bis diese erstinfizierte Katze selbst Oozysten ausscheidet. In dieser Phase werden Millionen von Oozysten gebildet, aber die Ausscheidungsphase dauert nur 10-14 Tage an (nach Teichmann bis 18 Tage). Danach folgt die lebenslange Immunphase, während der mit Ausscheidung von Oozysten nicht mehr zu rechnen ist. Ausnahmen kommen nur selten bei gestörtem Immunsystem vor, z. B. weil leukose- oder aidskranke Katzen sich aufgrund mangelnder Immunfähigkeit erneut anstecken.

Infektionsquellen
Obwohl nur rund 1% aller Katzen Ausscheider sind (und jede einzelne nur einmal im Leben 14 Tage lang), sind Toxoplasmen weit verbreitet. In einem Gramm Kot können bis zu einer Million Oozysten enthalten sein, die außer bei Hitze und Trockenheit bis zu eineinhalb Jahre lang infektiös bleiben können. Dies bedeutet, dass z. B. Gartenerde durch streunende Katzen oder Katzentoiletten infolge mangelnder Sauberhaltung als Infektionsquelle in Betracht kommen. Oozysten werden aber auch übertragen durch Fliegen, die sich zuerst auf infiziertem Katzenkot und dann auf dem Futter oder Lebensmitteln niederlassen. In Parkanlagen oder auf Spielplätzen kann der Sand in Kinderspielkisten verunreinigt sein, auf dem Lande sind Stallungen Hauptansteckungsherde. Besonders streunende Jungkatzen sind der Infektion stark ausgesetzt. Grundsätzlich häufiger als die Infektion durch Oozysten ist die durch zystenhaltiges rohes Fleisch, das verzehrt wird. Viele natürliche Beutetiere, einschließlich Vögel, können Träger der Toxoplasmen sein, aber vor allem sind sie auch im Fleisch unserer Schlachttiere enthalten. Die Fütterung von rohem Fleisch kann also ohne weiteres die Übertragung der Toxoplasmose bewirken.

Gesundheitliche Gefährdung des Menschen
In der Regel besteht überhaupt kein Anlass zu besonderer Besorgnis, denn trotz hoher Infektionsrate sind die leichten, grippeähnlichen Beschwerden kaum je zu spüren. Aber eine Ausnahme bilden Schwangere, denn die Infektion im ersten Schwangerschaftsdrittel kann zum Abort führen, zu einem späteren Zeitpunkt kommt es bei jedem zehnten Fall zur Schädigung des werdenden Kindes (Nervensystem, Augenlicht). Dennoch ist übertriebene Furcht vor einer Zoonose hier fehl am Platze, denn weit häufiger als durch Kontakt mit der Katze infizieren sich Hausfrauen in ihrer eigenen Küche mit Toxoplasmose bei der Essenszubereitung: Beim Abschmecken der Fleischmischung für Frikadellen, beim Probieren eines leckeren Brötchens mit Rohgehacktem, und schließlich auch mit dem Steak "medium" können Toxoplasmen jederzeit aufgenommen werden, und das ist meistens schon längst geschehen, ehe eine Frau Mutterfreuden entgegensieht, sie ist also sowieso immun.

Faustregeln und Vorsichtsmaßnahmen
Obwohl die Katze als potentieller Ausscheider von Oozysten eine wesentliche Rolle bei der Vermehrung des Toxoplasmose-Erregers spielt, ist ihre Bedeutung als Überträger von Toxoplasma Gondii auf den Menschen äußerst gering. Zusammengefasst sind nachstehend die bedeutsamen Fakten und daraus folgende Vorbeugemaßnahmen in 13 Punkten aufgeführt:

  • Die meisten erwachsenen Katzen kommen, weil bereits immun, als Ausscheider nicht infrage. Man müsste sie schon roh verzehren, um sich anzustecken!
  • Fast jeder erwachsene Mensch kann sich, weil bereits immun, nicht mehr anstecken, ist also nicht gefährdet.
  • Der Immunstatus kann sowohl bei Katzen als auch bei Menschen serologisch nachgewiesen werden.
  • Nur einer serologisch negativ reagierenden Katze könnte die Infektion noch bevorstehen. Ihr Kot könnte dann für rund 2 Wochen infektiös sein.
  • Eine ernstzunehmende Gefahr stellt die Infektion für denjenigen menschlichen Fötus dar, dessen Mutter noch nie Kontakt mit Toxoplasma Gondii hatte (serologisch negativ).
  • Die meisten Menschen infizieren sich unbemerkt aufgrund ihrer Eßgewohnheiten (Verzehr von rohem Fleisch) oder infolge mangelnder Hygiene in der Küche.
  • Erhitzen auf mind. 70°C oder mehrtägiges Einfrieren bei mind. -18°C tötet Toxoplasma Gondii ab (Nahrungsmittel bzw. Futterfleisch kochen oder tiefgefrieren).
  • Die haushaltsüblichen Reinigungsmittel beseitigen den Erreger der Toxoplasmose (übliche Reinigungsmethoden genügen).
  • Mindestens tägliches Säubern der Katzentoilette und regelmäßiges Händewaschen sind Selbstverständlichkeiten und schließen eine Übertragung infektiöser Oozysten von der Katze auf den Menschen bereits aus. Die von der Katze ausgehende Gefährdung für den Menschen ist mithin äußerst gering.

Zum Abschluss noch Ratschläge für ganz besonders vorsichtige Paare in "Guter Hoffnung":

  • Servieren Sie Ihrer Katze Fertigfutter oder Gekochtes. Rohes Fleisch, wenn überhaupt, nur aus der Tiefkühltruhe, natürlich lauwarm und stets frisch bereitet (Gefahr durch Hegen!).
  • Überzeugen Sie Ihre Samtpfötige davon, dass sie bis zum freudigen Ereignis vorsichtshalber nachts nicht im Bett der werdenden Mutter schlafen sollte. Vielleicht gibt es ein anderes, ebenso angenehmes Ruheplätzchen?
  • Sicherheitshalber sollte der werdende Vater bis zur Geburt des Nachwuchses die Ver- und Entsorgung (Katzentoilette!) der Katze übernehmen.
  • Da die Hauptgefahr der Übertragung einer Toxoplasmose im Umgang mit rohem Fleisch liegt, versieht der junge Vater "in spe" natürlich ab sofort auch den Küchendienst!

Verstoßen Sie also Ihre Katze nicht, sondern verwöhnen Sie sie wie immer! Ihr Kind wird zu jenen glücklichen Menschen gehören, die mit Tieren aufwachsen durften.

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